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Anschnallen bitte! – Unwetterwarnung und weggewehte Balkonmöbel – wer haftet?
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05. 06. 2023

Anschnallen bitte! – Unwetterwarnung und weggewehte Balkonmöbel – wer haftet?

§ 823 Abs. 1 BGB (auszugsweise): Wer fahrlässig das Eigentum eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus resultierenden Schadens verpflichtet.

 

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Eigentümer eines Pkw. Dieser Pkw war am 20.02.2022 vor einem Mehrfamilienhaus ordnungsgemäß am Straßenrand geparkt. Der Beklagte bewohnt im 3. Obergeschoss dieses Mehrfamilienhauses eine Wohnung mit Balkon. Auf dem Balkon befanden sich am 20.02.2022 Balkonmöbel, u. a. auch ein Glastisch. Vom 19. – 21.02.2022 zogen zwei Sturmtiefe über die Region. Vor diesen hatte der Deutsche Wetterdienst, DWD, gewarnt. Die Orkanböen erreichten Spitzen bis 149 km/h. Durch den Sturm flog der auf dem Balkon der Wohnung des Beklagten stehende Klastisch auf den Pkw des Klägers und beschädigte diesen erheblich. In der Folge forderte der Kläger die Haftpflichtversicherung des Beklagten auf, den Schaden an seinem Pkw zu ersetzen, da der Beklagte die Balkonmöbel nicht oder unzureichend gesichert habe, wodurch der Schaden eingetreten sei. Der Haftpflichtversicherer verweigerte die Leistung von Schadenersatz. Die Balkonmöbel – auch der Tisch – seien mit Gummispannbändern gesichert gewesen. Die Konstruktion habe sich in 10 Jahren bewährt und sei auch sturmerprobt. Damit war der Kläger nicht einverstanden und erhob gegen den Beklagten eine Schadenersatzklage.

Die Entscheidung:
Das für den Rechtsstreit sachlich und örtlich zuständige Landgericht Hagen hat der Klage auf Zahlung von Schadenersatz stattgegeben.

Zur Begründung führt das Gericht aus, der Beklagte habe schuldhaft seine Verkehrssicherungspflichten verletzt, weshalb ihm ein schuldhaftes Unterlassen vorzuwerfen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtliche gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.

Vorliegend hat der Beklagte durch Stehenlassen der Balkonmöbel, namentlich des Glastisches, eine Gefahrenlage dahingehend geschaffen, dass – wie verständiger Sicht eines objektiven Dritten naheliegend möglich erscheint – in Fällen starken Sturmes die Gefahr begründet wird, dass bewegliche Gegenstände von Windstößen erfasst und vom Balkon hinunter auf die Parkplätze vor dem Haus geweht werden können. Daraus folgt eine Verkehrssicherungspflicht dahingehend, dass jedenfalls bei Unwetterwarnungen vor Sturm-/Orkantiefen ausreichende Maßnahmen zu treffen waren, um zu verhindern, dass die Balkonmöbel auf die Parkplätze vor dem Haus geweht werden. Dies hätte geschehen können entweder durch den angekündigten Sturm-/Orkantiefen standhaltende Befestigungen (unter Verwendung hinreichend starker Befestigungen und Verankerungen) oder durch Unterstellen der Balkonmöbel für die überschaubare Zeit des Sturmes (bspw. innerhalb des Hauses).

Das die Befestigung, die vorhanden war, 10 Jahre gehakten habe, ohne das Möbel vom Wind ergriffen wurden, führt zu keiner anderen Bewertung. Das Ausbleiben eines Schadens kann viele Gründe haben, insbesondere darin liegen, dass die Möbel zuvor nicht in derselben Weise den Kräften eines Sturmes – wie für den Schadenstag vorhergesagt – ausgesetzt waren oder glücklicherweise die unsichere Konstruktion gehalten hat.

Landgericht Hagen – Urteil vom 31.01.2023 – 4 O 111/22
Wolfgang Tücks, Rechtsanwalt für Verkehrsrecht

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