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Die neuen Duldungspflichten im EEG: Ein Kurz-Leitfaden für Praktiker
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31. 01. 2025

Die neuen Duldungspflichten im EEG: Ein Kurz-Leitfaden für Praktiker

Die deutsche Energiewende hat in den letzten Jahren erheblich an Fahrt aufgenommen. Um den Ausbau erneuerbarer Energien weiter zu beschleunigen, wurden zahlreiche gesetzliche Änderungen eingeführt. Eine der bedeutendsten im Jahr 2024 betrifft die Duldungspflichten für Grundstückseigentümer der öffentlichen Hand gemäß den §§ 11a und 11b des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Diese Regelungen sind von großer Relevanz für die Planung und Umsetzung von erneuerbare-Energie-Projekten. In diesem Beitrag erläutern wir, was es mit diesen Duldungspflichten auf sich hat und wie Projektierer am besten damit umgehen.

Die Regelungen im Detail: § 11a und § 11b EEG

Die neuen Duldungspflichten erfassen nach einer Änderung im Gesetzgebungsverfahren nur die Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand; Grundstücke im Privateigentum werden nicht erfasst. Zur Duldung verpflichtet werden sowohl der Eigentümer als auch sonstige Nutzungsberechtigte wie Pächter, Erbbauberechtigte usw. Die §§ 11a, b EEG schaffen dafür zwei eigenständige Nutzungsansprüche, die im Folgenden vorgestellt werden.

Das Recht auf Leitungsverlegung

§ 11a EEG erlaubt die Verlegung und Instandhaltung von Strom-, Kommunikations- und Steuerleitungen zum Anschluss einer erneuerbare-Energien-Anlage (EE-Anlage) an das Stromnetz. Berechtigter ist der Betreiber der Leitung. Die Duldungspflicht entfällt, wenn hierdurch die Grundstücksnutzung des Eigentümers oder der sonstigen Nutzungsberechtigten unzumutbar beeinträchtigt wird oder die militärische Nutzung des Grundstücks dem entgegensteht. Bei einer später auftretenden (unzumutbaren) Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung kann der Eigentümer im Nachhinein die Umverlegung der Leitungen verlangen.

Als Entschädigung für das Nutzungsrecht steht dem Eigentümer ein Anspruch auf eine einmalige Zahlung in Höhe von 5 Prozent des Verkehrswertes der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche zu. Weiterhin ist dem Eigentümer und den sonstigen Nutzungsberechtigten nach Abschluss der Arbeiten ein Bestandsplan mit endgültigen Leitungsverlauf zu übergeben und eventuell verursachte Schäden am Grundstück zu ersetzen.

Einer dinglichen Sicherung braucht es im Fall des § 11a EEG im Übrigen nicht. Die verlegten Kabel werden keine wesentlichen Bestandteile des Grundstücks und bleiben im Eigentum des Betreibers.

Für öffentliche Verkehrsflächen wie insbesondere Straßen, Wege, Parkplätze oder öffentliche Parks ist  zu beachten, dass für die Duldungspflicht nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Modalitäten vertraglich zu regeln sind.

Das Recht auf Überfahrt und Überschwenkung

§ 11b EEG gibt Betreibern von Windenergieanlagen das Recht, zwecks Errichtung und Rückbau das Grundstück zu Überfahren und zu Überschwenken. Auch hier werden sowohl Eigentümer als auch sonstige Nutzungsberechtigte zur Duldung verpflichtet, soweit es nicht zu einer Beeinträchtigung militärischer Belange oder einer sonstigen unzumutbaren Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung kommt. Der Betreiber ist berechtigt, das Grundstück für die beabsichtigte Nutzung zu verändern und hat nach der Nutzung den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Der unmittelbar in seiner Grundstücksnutzung Eingeschränkte hat bei Überfahrt Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 28 € pro in Anspruch genommenen Hektar, während die Überschwenkung unentgeltlich zu dulden ist.

§ 11b ist ebenfalls auf öffentliche Verkehrswege anzuwenden, mit Ausnahme jedoch der öffentlichen Straßen, sodass für diesen Teil der An- und Ablieferung weiterhin allein das Straßenrecht gilt.

Wissenswert ist, dass die EEG-Duldungspflichten lediglich die privatrechtliche Seite der Grundstücksnutzung erfassen. Die Verpflichtung zur Einholung öffentlich-rechtlicher Genehmigungen, Gestattungen oder Erlaubnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich sind, bleibt unberührt.  

Die §§ 11a, b EEG in der Praxis

Die neuen Duldungspflichten haben das Potential, die Planung von EE-Projekten deutlich zu vereinfachen. Dennoch müssen in der Praxis für reibungslose Abläufe folgende Punkte beachtet werden:

1. Kommunikation

Vorteilhaft ist es, mit den betroffenen Grundstückseigentümern und den sonstigen Nutzungsberechtigten frühzeitig in Kontakt zu treten. Eine offene und transparente Kommunikation verhindert Missverständnisse und erleichtert die Zusammenarbeit. Gerade im Hinblick auf eine etwaige unzumutbare Beeinträchtigung kann so frühzeitig reagiert und Streitigkeiten können vermieden werden.

2. Planung

Für die Mitteilung an Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte über die bevorstehende Nutzung sollte eine hinreichend detaillierte Planung vorhanden sein. Dazu gehören Verlauf und Ausführung der Kabeltrasse bzw. der Zuwegung und das beabsichtigte Zeitfenster der Grundstücksnutzung. Dies gibt den Verpflichteten die Möglichkeit, die für sie resultierenden Folgen abzuschätzen und rechtzeitig zu reagieren.

3. Rechtsweg

Sofern sich der Grundstückseigentümer oder Nutzungsberechtigte weigert, den Anspruch des Betreibers anzuerkennen, kann dieser auch im Wege des Eilrechtsschutzes durchgesetzt werden. In diesem Fall wird die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit vermutet. Das ist ein weiterer Beitrag des Gesetzes, den Anschluss von EE-Anlagen zu beschleunigen.

Es ist viel los und es gibt viel zu verstehen. Wir unterstützen Sie dabei gern – mit Herz und Verstand für den Wandel!

Ihre Ansprechpartner

Ingo Eisenreich
Rechtsanwalt und Partner
Gabi Ikert-Tharun
Rechtsanwältin und Partnerin
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Ingo Eisenreich
Ingo Eisenreich

Rechtsanwalt und Partner

Robin Czudaj
Robin Czudaj

Energiejurist (Univ. Jena)
Wissenschaftlicher Mitarbeiter

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