Windenergieanlagen (WEA) sind im Außenbereich privilegiert. So der Grundsatz. Der Gesetzgeber hat den Planungsträgern die Möglichkeit eröffnet, in Regional- und Flächennutzungsplänen durch eine Positivausweisung von Flächen zugunsten der Windenergie eine Ausschlusswirkung gegenüber Vorhaben anderenorts herbeizuführen. Dabei kommt es nicht selten vor, dass insbesondere Gemeinden die der Windenergie skeptisch gegenüberstehen, versuchen, Vorhaben durch kaum erfüllbare Anforderungen an den Bau von WEA innerhalb dieser Gebiete gänzlich zu verhindern.
Einige in die Jahre gekommene Pläne werden aktuellen Rechtsprechungsstandards nicht mehr gerecht. Nicht zuletzt aus diesem Grund waren und sind auch weiterhin viele Planungsträger bemüht, ihr Gebiet erneut im Hinblick auf die Windenergie zu beplanen und Konzentrationszonen auszuweisen. Um jedoch in der Zwischenzeit nicht durch einen „schnelleren“ WEA-Genehmigungsantrag gewissermaßen „überrumpelt“ zu werden, kann der Planungsträger von sog. Plansicherungsinstrumenten Gebrauch machen. So kann nach § 15 Abs. 3 BauGB eine Gemeinde die im Begriff ist, einen Flächennutzungsplan (FNP) mit der angesprochenen Ausschlusswirkung aufzustellen, beantragen, dass die Genehmigungsbehörde die Bearbeitung des Genehmigungsantrages bis zu einem Jahr zurückstellt, wenn das Vorhaben diese Planung wesentlich erschwert oder ganz unmöglich macht.
Das OVG Münster hatte sich kürzlich eindrucksvoll zu den Anforderungen eines solchen Antrags - beinahe schon - „ausgelassen“. Hier hatte die betroffene Gemeinde im Dezember 2020 ein Zurückstellungsgesuch gegen vier geplante WEA gestellt und mit der Erschwerung der bereits im Jahr 2017 begonnenen Aufstellung eines FNP für Windenergie begründet. So seien zur Fertigstellung der Planungen noch weitere Stellungnahmen und Untersuchungen nötig gewesen. Spricht jedoch bereits die Lage des Vorhabengebiets zum einen innerhalb einer der bereits ermittelten Potenzialflächen des künftigen FNP und zum anderen innerhalb eines (übergeordneten) regionalplanerisch ausgewiesenen Windvorranggebietes gegen das Vorliegen der Voraussetzungen, sah das Gericht als besonders problematisch an, dass das Planungsverfahren über einen Zeitraum von mindestens 18 Monaten ohne nachvollziehbare Gründe nicht weiterbetrieben wurde.
Derart verzögerte Planverfahren stellen ein weiteres massives Problem für den Windausbau in Deutschland dar, weshalb die Beurteilung des OVG Münster auch von erfreulicher Relevanz für die Branche ist. So führt dies nach Ansicht des Gerichts zu einer unangemessenen Beeinträchtigung der Interessen des Vorhabenträgers.
Die Zurückstellung würde daher statt eine „im Werden befindlichen Planung, mit deren Abschluss während der Dauer der Zurückstellung zu rechnen sei“ zu schützen, vielmehr lediglich dem Planungsträger die Gelegenheit geben, den eigenen Planungswillen zu dokumentieren, was so nicht mehr vom Zweck der Regelung gedeckt ist. Dem stand hier auch der Einwand nicht entgegen, dass zwischenzeitlich eine Gesetzesänderung (in NRW) in Arbeit war.
In der Folge konstatiert das Gericht, dass die vier WEA eben keine wesentliche Erschwerung der Planungen darstellen, die eine Zurückstellung rechtfertigen würde. Gleichzeitig konkretisiert das Gericht mit dieser Entscheidung, die Voraussetzungen unter denen planende Gemeinden sich gegenüber Vorhabenträgern auf den Schutz ihrer Planungshoheit berufen können. Handelt es sich bei dieser Entscheidung zwar formaljuristisch „nur“ um die summarische Prüfung im Eilverfahren, ist dennoch davon auszugehen, dass der hierin obergerichtlich vertretene Grundsatz, dass eine zögerliche Verfahrensführung auch zum Verlust des Plansicherungsinstruments der Baugesuchrückstellung führen kann, Bestand hat. Planungsträger sind somit im Sinne ihrer Planungshoheit deutlich aufgefordert, ihre Verfahren effizient und zielgerichtet zu betreiben. Die Genehmigungsbehörde hat den Zurückstellungsbescheid in der Folge auf „Anraten“ des Gerichts aufgehoben.
Gabi Ikert-Tharun
Rechtsanwältin
(Foto: Vitor Bitencourt)
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