Fahrradfahrer müssen zu parkenden Autos nicht so viel Abstand halten, dass deren Türen problemlos geöffnet werden können. Das hat das Landgericht Köln im Urteil vom 02.08.2022 (5 O 372/20) zu einem sogenannten „Dooring-Unfall“ entschieden.
Was war passiert?
Ein Radfahrer ist an einem parkenden Kraftfahrzeug vorbeigefahren. Als sich der Radfahrer auf gleicher Höhe mit dem Pkw befand, öffnete der Kraftfahrer die Fahrertür. Der Radfahrer fuhr gegen die geöffnete Tür und stürzte. Es entstand Sach- und Personenschaden. Der Radfahrer begehrte Schadenersatz zu 100 %. Die Haftpflichtversicherung des Kraftfahrers erkannte nur eine Quote von
75 % an. Der Radfahrer erhob Klage, das Landgericht Köln sprach ihm Schadenersatz zu 100 % zu.
Kein Mitverschulden des Radfahrers
Das Landgericht Köln begründet seine Entscheidung damit, dass nach ständiger Rechtsprechung der Beweis des ersten Anscheins dafür spreche, dass der Autofahrer den Unfall verursacht habe, weil die Kollision im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür erfolgt sei. Gemäß § 14 Abs. 1 StVO hätte sich der Autofahrer dabei so verhalten müssen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Ein Mitverschulden müsse sich der Radfahrer anspruchsmindernd nicht zurechnen lassen. Das Landgericht betont in seiner Entscheidung, dass der Radfahrer keinen so großen Seitenabstand zum Fahrzeug einhalten muss, dass er selbst bei einer vollständig geöffneten Fahrertür nicht kollidieren würde. Mit einer so groben Unaufmerksamkeit des Autofahrers, Verstoß gegen § 14 Abs. 1 StVO, habe der Radfahrer nach Auffassung des Landgerichts Köln schlicht nicht rechnen müssen.
Wolfgang Tücks, Rechtsanwalt
(Foto: Christiana Raluca)
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