Revolution des Artenschutzrechts?

Vom Reformvorhaben zur Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie an Land

3,2 Grad Celsius, das ist die im jüngst veröffentlichten IPCC-Bericht projizierte Erderwärmung im Jahr 2100, wenn die Staaten ihre bislang ergriffenen Maßnahmen nicht noch weiter nachschärfen (Summary for Policy Makers, C.1.). Nicht weniger als ein Aufruf zur Revolution, wie, im übertragenen Sinne, (auch) wir finden.

Anlass genug, das nur Stunden früher von den Bundesministerien für „Umwelt Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz“ sowie „Wirtschaft und Klimaschutz“ vorgestellteEckpunktepapier - Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land genauer zu betrachten.

Darin bekräftigen die beiden Ministerien vor dem Hintergrund der durch den furchtbaren Ukraine-Krieg „doppelten Dringlichkeit“ den Willen „alle Hebel in Bewegung zu setzen“ um den Ausbau der Erneuerbaren Energien voranzubringen. Dafür sollen u.a. in einem Wind-an-Land Gesetz die Länder verpflichtet werden künftig 2 Prozent ihrer Landesfläche für die Windenergie an Land zur Verfügung zu stellen, Abstände zu Drehfunkfeuern und Wetterradaren sollen kurzfristig deutlich reduziert werden und die Belange der Windenergie bei der Ausweisung von etwa Tiefflugkorridoren der Bundeswehr stärker beachtet werden, sowie die Länder aus Bundesmitteln bei der Verbesserung der personellen und technischen Ausstattung der Behörden unterstützt werden.  Und auch der von den Gegnern des Ausbaus der Windenergie nahezu immer in vorderster Linie „ins Feld geführte“ Arten- und Umweltschutz soll mit dem Ausbau der Windenergie vereinbart werden.

Und darum geht es in dem eingangs genannten „Eckpunktepapier“.

Zur Erinnerung: Ein großes Problem beim Bau von Windenergieanlagen (WEA) ist bislang stets die Frage, ob die Rotoren der jeweils geplanten Anlage drohen, besonders geschützte Vogel- o. Fledermausarten zu erfassen und zu töten. Da die Lebensräume auch von gefährdeten Arten jedoch nicht lediglich „unberührte Natur“ sind, sondern „von Menschenhand gestaltete Naturräume“ (so das Bundesverwaltungsgericht in BVerwG, 9 A 10/15) muss das Tötungsrisiko zumindest signifikant erhöht sein um das artenschutzrechtliche Tötungsverbot zu verletzen (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz). Die an dieser Stelle stets problematische und in den Ländern (wenn überhaupt) höchst unterschiedlich gelöste Ausfüllung dieser sog. Signifikanzprüfung soll durch Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) nun durch bundeseinheitliche Standards erfolgen. So ist angedacht anhand einer erstmals bundeseinheitlichen Liste windenergiesensibler Brutvogelarten einen artspezifischen Tabubereich um den Brutplatz und im weiteren Umkreis Prüfbereiche zu verorten, in denen die Regelvermutung der Überschreitung der Signifikanzschwelle gilt. Diese Vermutung soll anhand einer einheitlichen, sog. Habitatpotenzialanalyse, fachgutachterlich widerlegt und die bislang regelmäßig durchgeführten (und wesentlich aufwändigeren) Raumnutzungsanalysen nur noch im Einzelfall auf Antrag des Vorhabenträgers durchgeführt werden können. Außerhalb dieser Gebiete soll hingegen verbindlich sein, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nicht mehr gegeben ist. Weiterhin soll eine Liste artspezifischer Vermeidungsmaßnahmen (z.B. die Installation sog. „Antikollissionssysteme“ oder die behördliche Verfügug von Abschaltungen bei Ernte- und Mahdereignissen), mittels derer ein Absenken des Tötungsrisikos innerhalb der Bereiche möglich ist,  vorgegeben werden. Besonders komplette saisonale Abschaltungen, welche die Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens gefährden, sollen nicht mehr erfolgen. Insgesamt soll für die Zumutbarkeit von Vermeidungsmaßnahmen eine auch am jeweiligen Ertrag orientierte Schwelle von i.d.R. 6% (max. 8%) der jährlichen Erzeugung definiert werden, ab deren Überschreiten eine Ausnahme zu beantragen sei.

Diese artenschutzrechtliche Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG), bislang hoch umstritten und einem Flickenteppich gleich in der Praxis angewandt, soll ebenfalls weitgehend angepasst werden. Bei Vorliegen der Voraussetzungen soll diese etwa künftig ohne Ermessen der Verwaltung zu erteilen sein. Auch wird die noch in der letzten Legislaturperiode verworfene Feststellung des nun „überragenden“ öffentlichen Interesses am Ausbau erneuerbarer Energien erneut aufgegriffen, wodurch nunmehr regelmäßig ein sog. Ausnahmegrund gegeben wäre. Weiterhin soll die notwendige Prüfung von Vorhabenalternativen konkretisiert werden, indem die Regelvermutung, dass innerhalb speziell für Windenergie ausgewiesenen Flächen keine Standortalternative gegeben ist, eingeführt wird und im Übrigen „ein klar umgrenzter [Prüf-]Bereich“ gelten soll. Gleichfalls auch für das letzte Kriterium, der „(Nicht-)Verschlechterung des Erhaltungszustands der Art“, beabsichtigt die Bundesregierung zeitnah einheitliche und konkrete Vorgaben zur Prüfung zu erlassen. Dafür soll für die kollisionsgefährdeten Vögel verbindlich deren Erhaltungszustand festgelegt werden und im Übrigen anhand (verschiedener) gesetzlicher Vermutungen der Verstoß gegen das sog. „Verschlechterungsverbot“ festgestellt werden.

Überdies plant der Gesetzgeber auch eine Vielzahl an Anpassungen und Konkretisierungen mit Berührung des Artenschutz- und Umweltrechts. So soll klargestellt werden, dass nachträgliche Anordnungen zulasten einer genehmigten Anlage, etwa weil sich zwischenzeitlich Exemplare windenergiesensibler Arten im Gebiet niedergelassen haben, nur in Ausnahmefällen und unter Beachtung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit zulässig sind. Weiterhin soll die Aufstellung von Nisthilfen für solche Arten im Bereich um bestehende WEA und auf für diese ausgewiesenen Flächen für unzulässig erklärt werden. Ein Vorgehen, das in der Praxis nicht selten eigenmächtig angewandt wird, um ungewollte WEA zu verhindern. Darüber hinaus soll auch das Repowering (Ersetzen alter WEA mit einer neuen, leistungsfähigeren Anlage) durch Aufnahme verschiedentlicher Klarstellungen im Gesetzestext vereinfacht werden.

Zuletzt adressiert das Papier die sog. Landschaftsschutzgebiete (§ 26 BNatSchG), das sind zumeist großflächige Gebiete, die vor allem auf den Erhalt der kulturhistorischen Landschaft oder die Erholung ausgerichtet sind, die aber große Flächenanteile des bundesdeutschen Gebiets umfassen. Innerhalb solcher Gebiete, sofern sie nicht zugleich Natura-2000-Gebiete oder Weltkultur-/naturerbeflächen sind, soll es künftig auch möglich sein, verstärkt auch Flächen für die Windenergie ausgewiesen und WEA bis zum Erreichen der Flächenziele generell auch außerhalb solcher ausgewiesenen Flächen zulässig sein.

Wie voran dargestellt, hat der Gesetzgeber sich mit diesem Papier einiges vorgenommen und wir freuen uns, viele aus der täglichen Arbeit bekannte Probleme hier adressiert zu finden. Wir begrüßen insbesondere die Bestrebungen einheitliche und konkrete Vorgaben bei der Ausfüllung der abstrakten Rechtsbegriffe im Artenschutzrecht zu schaffen. Da diese vielfach jedoch auch an dieser Stelle noch nicht konkret benannt wurden, möchten wir uns mit einem abschließenden Urteil noch zurückhalten, denn einheitlich heißt nicht auch gleich besser! Daneben begrüßen wir grundsätzlich auch den offenkundigen Ansatz vielfach mit gesetzlichen Regelvermutungen zu arbeiten, da dies einen Grundschutz der bedrohten Arten darstellt und gleichzeitig dennoch die Genehmigungsverfahren verschlanken dürfte. Ob dies im vollen Umfang auch europarechtlichen Vorgaben (dazu bereits hier) entspricht, bleibt sicherlich streitbar.

Insgesamt blicken wir also eher optimistisch auf diesen Entwurf und freuen uns festzustellen, dass die Politik nach Jahren des schleppenden Ausbaus die Probleme der  Windenergie an Land erkannt zu haben scheint. Bezogen auf das ultimative Ziel die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, ist dies vielleicht noch keine Revolution, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Über den weiteren Verlauf werden wir weiterhin auf dem Laufenden halten.

Philipp Döhmel, Rechtsanwalt

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UPDATE - Finanzielle Teilhabe der Kommunen

Ein nächster Meilenstein in Sachen finanzielle Teilhabe der Kommunen ist genommen. Am 09. Dezember 2021 hat die EU Kommission die sogenannte „Frühjahrsnovelle“ des EEG aus Juni/Juli 2021 genehmigt. Damit entfällt insbesondere der bisherige Anwendungsvorbehalt des § 105 Abs. 5 EEG 2021 für die finanzielle Beteiligung von Kommunen auch an Freiflächenanlagen.

Neben den Regelungen des § 6 EEG betreffend Freiflächenanlagen wurden u.a. weitere Verfahrensvereinfachungen bei den Ausschreibungen für Solaranlagen sowie Regelungen betreffend Biomethananlagen genehmigt.

Auch für die inzwischen in der Novelle der Erneuerbare-Energien-Verordnung (EEV) umgesetzte Anschlussförderung für Güllekleinanlagen (§ 88b EEG iVm §§ 12a bis 12g EEV) wurde die Genehmigung erteilt.

Insbesondere im Hinblick auf die finanzielle Beteiligung von Kommunen auch an Freiflächenanlagen ist mit der jetzt erteilten Genehmigung endlich Rechtssicherheit gegeben.

Nach der nunmehr genehmigten Regelung können Verträge nach § 6 EEG für Freiflächenanlagen ab Vorliegen des Satzungsbeschlusses zum B-Plan (nicht vorher!) geschlossen werden. Das Vorliegen einer Genehmigung der Freiflächenanlage ist für den Vertragsschluss nach § 6 EEG, genau wie bei Windenergieanlagen, nicht notwendig.

Bei Freiflächenanlagen gilt zudem kein Radius für die Betroffenheit der Gemeinde (bei Windenergieanlagen 2.500 Meter um die Turmmitte), sondern die Beteiligung soll allein nach der für die Freiflächenanlage auf dem jeweiligen Gemeindegebiet beanspruchten Fläche erfolgen.

Vorsicht bleibt weiterhin geboten bei der sauberen Trennung zwischen einer Zuwendungsvereinbarung nach § 6 EEG und etwaigen sonstigen Leistungen der Gemeinde (z.B. das Bereitstellen gemeindlicher Infrastruktur). Zuwendungen nach § 6 EEG dürfen nur ohne jede Gegenleistung der Kommune erbracht werden.

Für die finanzielle Beteiligung der Kommune an Freiflächenanlagen gilt im Übrigen (im Gegensatz zu Windenergieanlagen) nicht die Einschränkung, dass die Inanspruchnahme einer Förderung nach dem EEG oder einer aufgrund des EEG erlassenen Rechtsverordnung konstitutive Voraussetzung einer Zahlung ist. Aber: Sofern Zuwendungen nach § 6 EEG an Kommunen für nicht geförderte Freiflächenanlagen geleistet werden, besteht kein Erstattungsanspruch gegen den Netzbetreiber. Solche Zuwendungen trägt der Betreiber der Freiflächenanlage allein.

Thomas Jacob

Rechtsanwalt und Leiter der Fachgruppe Flächensicherung bei IWP

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„Einsteigerkurs“ Bauplanungsrecht für Windenergieanlagen

„Einsteigerkurs“ Bauplanungsrecht für Windenergieanlagen

…oder wie man Windenergieanlagen planungsrechtlich nicht verzögert…
(OVG Münster, Beschluss vom 20. Juli 2021)

Windenergieanlagen (WEA) sind im Außenbereich privilegiert. So der Grundsatz. Der Gesetzgeber hat den Planungsträgern die Möglichkeit eröffnet, in Regional- und Flächennutzungsplänen durch eine Positivausweisung von Flächen zugunsten der Windenergie eine Ausschlusswirkung gegenüber Vorhaben anderenorts herbeizuführen. Dabei kommt es nicht selten vor, dass insbesondere Gemeinden die der Windenergie skeptisch gegenüberstehen, versuchen, Vorhaben durch kaum erfüllbare Anforderungen an den Bau von WEA innerhalb dieser Gebiete gänzlich zu verhindern.

Einige in die Jahre gekommene Pläne werden aktuellen Rechtsprechungsstandards nicht mehr gerecht. Nicht zuletzt aus diesem Grund waren und sind auch weiterhin viele Planungsträger bemüht, ihr Gebiet erneut im Hinblick auf die Windenergie zu beplanen und Konzentrationszonen auszuweisen. Um jedoch in der Zwischenzeit nicht durch einen „schnelleren“ WEA-Genehmigungsantrag gewissermaßen „überrumpelt“ zu werden, kann der Planungsträger von sog. Plansicherungsinstrumenten Gebrauch machen. So kann nach § 15 Abs. 3 BauGB eine Gemeinde die im Begriff ist, einen Flächennutzungsplan (FNP) mit der angesprochenen Ausschlusswirkung aufzustellen, beantragen, dass die Genehmigungsbehörde die Bearbeitung des Genehmigungsantrages bis zu einem Jahr zurückstellt, wenn das Vorhaben diese Planung wesentlich erschwert oder ganz unmöglich macht.

Das OVG Münster hatte sich kürzlich eindrucksvoll zu den Anforderungen eines solchen Antrags - beinahe schon - „ausgelassen“. Hier hatte die betroffene Gemeinde im Dezember 2020 ein Zurückstellungsgesuch gegen vier geplante WEA gestellt und mit der Erschwerung der bereits im Jahr 2017 begonnenen Aufstellung eines FNP für Windenergie begründet. So seien zur Fertigstellung der Planungen noch weitere Stellungnahmen und Untersuchungen nötig gewesen. Spricht jedoch bereits die Lage des Vorhabengebiets zum einen innerhalb einer der bereits ermittelten Potenzialflächen des künftigen FNP und zum anderen innerhalb eines (übergeordneten) regionalplanerisch ausgewiesenen Windvorranggebietes gegen das Vorliegen der Voraussetzungen, sah das Gericht als besonders problematisch an, dass das Planungsverfahren über einen Zeitraum von mindestens 18 Monaten ohne nachvollziehbare Gründe nicht weiterbetrieben wurde.

Derart verzögerte Planverfahren stellen ein weiteres massives Problem für den Windausbau in Deutschland dar, weshalb die Beurteilung des OVG Münster auch von erfreulicher Relevanz für die Branche ist. So führt dies nach Ansicht des Gerichts zu einer unangemessenen Beeinträchtigung der Interessen des Vorhabenträgers.

Die Zurückstellung würde daher statt eine „im Werden befindlichen Planung, mit deren Abschluss während der Dauer der Zurückstellung zu rechnen sei“ zu schützen, vielmehr lediglich dem Planungsträger die Gelegenheit geben, den eigenen Planungswillen zu dokumentieren, was so nicht mehr vom Zweck der Regelung gedeckt ist. Dem stand hier auch der Einwand nicht entgegen, dass zwischenzeitlich eine Gesetzesänderung (in NRW) in Arbeit war.

In der Folge konstatiert das Gericht, dass die vier WEA eben keine wesentliche Erschwerung der Planungen darstellen, die eine Zurückstellung rechtfertigen würde. Gleichzeitig konkretisiert das Gericht mit dieser Entscheidung, die Voraussetzungen unter denen planende Gemeinden sich gegenüber Vorhabenträgern auf den Schutz ihrer Planungshoheit berufen können. Handelt es sich bei dieser Entscheidung zwar formaljuristisch „nur“ um die summarische Prüfung im Eilverfahren, ist dennoch davon auszugehen, dass der hierin obergerichtlich vertretene Grundsatz, dass eine zögerliche Verfahrensführung auch zum Verlust des Plansicherungsinstruments der Baugesuchrückstellung führen kann, Bestand hat. Planungsträger sind somit im Sinne ihrer Planungshoheit deutlich aufgefordert, ihre Verfahren effizient und zielgerichtet zu betreiben. Die Genehmigungsbehörde hat den Zurückstellungsbescheid in der Folge auf „Anraten“ des Gerichts aufgehoben.

Gabi Ikert-Tharun

Rechtsanwältin

(Foto: Vitor Bitencourt)

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Finanzielle Teilhabe der Kommunen an Windenergieanlagen - UPDATE

UPDATE - Finanzielle Teilhabe der Kommunen an Windenergieanlagen

UPDATE - zum Blogbeitrag

Kaum eine Neuerung des EEG 2021 hat die Gemüter so bewegt wie die erstmalige Einführung einer bundeseinheitlichen Regelung zur finanziellen Teilhabe der Kommunen an den Erlösen von Windenergieanlagen mit dem neuen § 36k EEG. Wir berichteten in unserem Blogbeitrag vom 23. Februar 2021.

Am 22. Juni veröffentlichte der Bundestag mit der Drucksache 19/30899 bereits die erste geplante grundlegende Novellierung des gerade erst geschaffenen § 36k EEG. Neben einer Neupositionierung als (zukünftiger) § 6 EEG sah sich der Gesetzgeber zu einigen Klarstellungen veranlasst und beabsichtigt zudem, Freiflächenanlagen in die finanzielle Beteiligungsmöglichkeit einzubeziehen.

Was wird sich ändern?

Die größte Neuerung stellt sicherlich die geplante Einbeziehung von Freiflächenanlagen in die finanzielle Beteiligungsmöglichkeit von Gemeinden dar. Gerade im Hinblick auf die gesetzgeberische Intention der kommunalen Teilhabe an der lokalen Wertschöpfung, aber auch unter Akzeptanzgesichtspunkten, war das bisherige Außenvorlassen von Freiflächenanlagen nicht nachvollziehbar.

Bei Freiflächenanlagen gilt nach der geplanten Neuregelung kein Radius für die Betroffenheit der Gemeinde, sondern die Beteiligung soll allein nach der für die Freiflächenanlage auf dem jeweiligen Gemeindegebiet beanspruchten Fläche erfolgen. Ob dies sachgerecht ist, erscheint fraglich. Auch von Freiflächenanlagen kann eine optische Beeinträchtigung auf dem Gebiet einer „nicht betroffenen“ Gemeinde wahrgenommen werden. Dies kann in Einzelfällen dem Akzeptanzgesichtspunkt zuwider laufen.

Wichtig für Freiflächenanlagen: Zuwendungsvereinbarungen nach dem neuen § 6 EEG dürfen zwar analog der Regelung für Windenergieanlagen vor Genehmigung, jedoch nicht vor dem Beschluss des Bebauungsplanes geschlossen werden!

Für Windenergieanlagen enthält der neue § 6 EEG in der geplanten Fassung zwei wichtige Klarstellungen. So ist nunmehr eindeutig geregelt, dass der Radius für die Feststellung der Betroffenheit der Gemeinde 2.500 Meter ab Turmmitte der jeweiligen Windenergieanlage beträgt. Und auch die Frage der Handhabung von gemeindefreien Gebieten wurde geregelt. Zuständig soll in diesen Fällen der Landkreis sein.

Einige Fragen bleiben jedoch auch weiterhin offen. So regelt auch die geplante Neufassung lediglich, dass die Zuwendungsvereinbarungen der Schriftform bedürfen. Eine Klarstellung hinsichtlich der strengeren Formvorgaben für Schenkungsversprechen (§ 518 BGB) erfolgt nicht. Auch das Verhältnis zu landesrechtlichen Regelungen bleibt im Gesetzentwurf unbeleuchtet.

Insgesamt ist der Gesetzentwurf ein Schritt in die richtige Richtung. Weitergehende Klarstellungen zu den noch offenen Fragen im Zusammenhang mit dem aktuellen § 36k EEG wären jedoch wünschenswert.

Thomas Jacob

Rechtsanwalt und Leiter der Fachgruppe Flächensicherung bei IWP

 Foto: thobar

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Finanzielle Teilhabe der Kommunen an Windenergieanlagen

Finanzielle Teilhabe der Kommunen an Windenergieanlagen

Neuerungen im EEG 2021

Die mit Jahresbeginn in Kraft getretene Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes („EEG“) bringt viele Veränderungen für die Windenergiebranche mit sich. Eine davon erfasst mit dem neu eingefügten § 36k EEG die finanzielle Beteiligung von Kommunen an der Windverstromung. Hiernach kann der Anlagenbetreiber den von der Windenergieanlage betroffenen Kommunen Beträge von insgesamt 0,2ct/kWh eingespeister und fiktiver Strommenge anbieten. Als betroffen gelten Kommunen, deren Gebiet innerhalb eines Radius von 2,5 km um die Anlage liegt, wobei im Falle mehrerer Kommunen der Betrag je nach Anteil der im Umkreis bemessenen Fläche aufzuteilen ist.

Die Beträge sind nicht im kommunalen Finanzausgleich zu berücksichtigen und verbleiben damit vollständig in der Kommune. Ziel dieser Neuerung ist neben der kommunalen Teilhabe an lokaler Wertschöpfung die Steigerung der Akzeptanz der Windenergie in der Bevölkerung. Der Gesetzgeber erhofft sich damit die dringend benötigte Bereitstellung zusätzlicher kommunaler Flächen für den weiteren Ausbau der Windenergie. Letztendlich honoriert der Gesetzgeber mit der Möglichkeit der finanziellen Teilhabe das Engagement der Gemeinden bei der Umsetzung der Energiewende.

Mit dem neu geschaffenen § 36k EEG legalisiert der Gesetzgeber nun einseitige Zuwendungen ohne Gegenleistung an Gemeinden, indem er sie von den Korruptionstatbeständen des Strafgesetzbuches ausnimmt. Laut Gesetzesbegründung stellen Angebot und Annahme eines solchen Zuwendungsvertrages sowie die zu seiner Erfüllung getätigten Zahlungen keinen Vorteil im Sinne des Korruptionsstrafrechts dar. Diese Klarstellung war wichtig, um für Gemeindevertreter und Anlagenbetreiber Rechtssicherheit zu schaffen. Genauso wichtig ist, dass dieses Privileg nur gilt, so lange die Beteiligten den von § 36k EEG gesteckten Rahmen nicht verlassen.

Sehr begrüßenswert ist auch, dass der Gesetzgeber sich in der finalen Fassung der neuen Regelung dafür entschieden hat, den Abschluss dieser Zuwendungsvereinbarungen schon vor Erteilung der Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz zuzulassen. In den Genuss der mit § 36 k EEG geschaffenen neuen Möglichkeiten kommen alle Windvorhaben, die ab 2021 einen Zuschlag der Bundesnetzagentur erhalten.

All dies stellt hochwirksame Verbesserungen für die Praxis des Windenergieausbaus dar.

Einige Fragen bleiben im neuen Gesetz jedoch unbeantwortet. Dazu gehört das Verhältnis zu bereits vorhandenen Regelungen auf Landesebene, etwa dem in Mecklenburg-Vorpommern geltenden Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz und dem Brandenburgischen Windenergieanlagenabgabengesetz. Offen lässt die Regelung auch, ob im Falle mehrerer betroffener Kommunen zwingend allen ein Angebot abzugeben ist oder ob der Betreiber eine Auswahl treffen kann. Unklar ist die Gesetzeslage auch im Hinblick auf die nötige Form der zu schließenden Verträge. Zwar schreibt die neue Norm nur die Schriftform vor, allerdings bedürfen die sachlich vergleichbaren Schenkungsverträge nach § 518 BGB der notariellen Beurkundung, um wirksam zu sein. Wie so oft in EEG-Themen wird auch hier die Praxis ihren Beitrag zur Klarheit leisten. Sicher ist, dass die neue Regelung ihr Ziel der Akzeptanzsteigerung erreichen wird.

Autoren: Thomas Kirchhof //  Robin Czudaj
Bild: Robin
Czudaj ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Kanzlei IWP.

 

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